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  • Universitätsgebäude am Wittelsbacherplatz, Würzburg. (Foto: Robert Emmerich)
Lehrstuhl für Pädagogik bei Lernbeeinträchtigungen - Sonderpädagogik I

Förderung bei Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten (Kernstock, 2023)

von Melissa Kernstock

Der Erwerb der Schriftsprache kann als ein bedeutsamer Meilenstein der kindlichen Entwicklung und als eine zentrale Entwicklungsaufgabe im Grundschulalter angesehen werden (Gold, 2018). Sind wichtige Vorläuferfähigkeiten als essentielle Voraussetzungen für den Schriftspracherwerb nicht ausreichend entwickelt, können betroffene Kinder mit besonderen Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und Rechtschreibens (Schleider, 2009) zu kämpfen haben. Nach Barth (2020) weisen 15 bis 20 Prozent der Schüler*innen im Anfangsunterricht Schwierigkeiten beim Erlernen der Schriftsprache auf. Entsprechend wichtig ist eine Förderung im Primarbereich.

Es ist dabei die Aufgabe einer Lehrkraft, allen Schüler*innen in ihrer Entwicklung zu kompetenten Leser- und Schreiber*innen helfend zur Seite zu stehen und ihnen zu helfen, ihre Schwierigkeiten zu bewältigen. Denn die Schlüsselkompetenzen Lesen und Schreiben bedingen direkt einen Erfolg in allen Unterrichtsfächern der Schule und sind darüber hinaus „der Schlüssel zu lebenslanger Bildung und vielen Freizeitaktivitäten“ (Einhellinger 2013, S. 271) sowie von entscheidender Bedeutung für den späteren Berufsalltag (Scheerer-Neumann, 2018).

Im Rahmen der Zulassungsarbeit wurde ein Förderprogramm bei Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten in Anlehnung an das Kinderbuch „Lesezauber mit der Buchstabenhexe“ von Annelies Schwarz (2005) erarbeitet und evaluiert. Das Programm zielt darauf ab, die Schüler*innen durch die Anlehnung an eine ansprechende Ganzschrift besser zum Training des Lesens und Schreibens zu motivieren.

Der Inhalt des herangezogenen Kinderbuches beschäftigt sich mit der Bewusstmachung des Lautschriftprinzips sowie des Decodierungsprozesses und den sich daraus ergebenden vielfältigen sprachlichen Möglichkeiten. Dabei handelt es sich insbesondere um einen spielerischen Umgang mit Sprache. Die Buchstabenhexe Leni vermittelt die „Zauberei“ des Lesens und Schreibens und eröffnet die weitreichenden Mittel der phonetischen Sprache auf motivierende, anregende sowie aktivierende Weise. Der Text zeigt auf, wie sich Klangbild und Sinn von Wörtern durch die Veränderung einzelner Buchstaben wandeln können. Durch das Vertauschen, Ersetzen oder Wegnehmen von Buchstaben lässt die Hexe Leni witzige neue Wörter und Sätze entstehen. Insgesamt wird mit der humorvollen Geschichte große Leselust geweckt. Zudem werden die Leser*innen der Geschichte dazu anregt, selbst auf ähnliche Weise mit der Schriftsprache zu verfahren. Das „Verhexen“ von Wörtern und Sätzen weckt Freude und Spaß auch am Schreiben.

Das entwickelte Förderprogramm ist folgendermaßen aufgebaut: Es besteht aus 22 Lektionen: Die erste Hälfte fokussiert das Trainieren der phonologischen Bewusstheit und des Lesens. Hier sind die Ausschnitte des Buches „Lesezauber mit der Buchstabenhexe“ integriert. Die zweite Hälfte thematisiert das Rechtschreiben. Für diesen Teil wurden kurze Geschichten von der Buchstabenhexe Leni und ihrem Freund Moritz verfasst, die einige orthographische Regeln thematisieren. Es finden sich neben den Übungen zum „Ver-“ oder „Entzaubern“ von Wörtern im Förderprogramm auch Kreuzworträtsel, Ankreuz-, Einkreis- und Verbindungsaufgaben, Lückentexte, ein Buchstabierrätsel, ein Diktat und ein Zungenbrecher sowie ein Lied, bei dem die Vokale ausgetauscht werden.

Eine Lehrkraft ist in der Lage, das Programm mithilfe der bereitgestellten Materialien allein durchzuführen. Es wurden zu jeder Lektion vollständige Artikulationsschemata erarbeitet (Lehrerhandreichung).

Eine Besonderheit des Förderprogramms besteht darin, dass es nicht aus einzelnen voneinander unabhängigen Arbeitsblättern und Aufgaben zum Trainieren der Lese- und Schreibkompetenzen besteht. Vielmehr hängen die Lektionen inhaltlich zusammen, da sie in eine übergeordnete Rahmengeschichte eingebettet sind. Eine solche Aufbereitung erleichtert die Motivierung und Aktivierung der Schüler*innen und kann die Entwicklung von Lernfreude fördern (Mannhaupt, 2010).

Es wurde im Rahmen der Evaluation nach der Durchführung des Programms untersucht, inwiefern eine gezielte Lese-Rechtschreib-Förderung, welche sich an einer Ganzschrift orientiert, von Schüler*innen angenommen wird. Die Übungsaufgaben im Förderprogramm wurden dafür angelehnt an eine anregende und ansprechende Kinderbuchgeschichte erstellt, die in das Förderprogramm integriert wurde.

Die Stichprobe für die Evaluation umfasste die 75 Schüler*innen der 2. Jahrgangsstufe einer Grundschule in Mittelfranken (Totalerhebung der zweiten Jahrgangsstufe) und ihre vier Klassenlehrerinnen. Bei der Wahl des Erhebungsinstruments wurde sich für eine Erfassung der Daten mittels eines selbst erstellten Fragebogens entschieden. Weiterhin wurden die Aussagen der Lehrer*innen bezüglich des Programms ausgewertet.

Die Ergebnisse der Untersuchung sind als sehr positiv zu bewerten. Es kann festgehalten werden, dass die Akzeptanz des Programms „Mein Lese-Rechtschreib-Training mit der Buchstabenhexe Leni“ in der Schülerschaft sehr hoch ist und es sich sehr gut zur Förderung der Lese- und Schreibmotivation eignet. Kinder mit und ohne Schwierigkeiten werden gleichermaßen zu Lese- und Rechtschreibübungen motiviert.

Weiterhin hat sich im Zuge der Untersuchung herausgestellt, dass insbesondere die gewählte Ganzschrift „Lesezauber mit der Buchstabenhexe “die Kinder anspricht und sich in hohem Maße zur Lese- und Rechtschreibförderung eignet. Die darin geschilderten Abenteuer sind für Kinder diesen Alters interessant und regen die Lernenden dazu an, in die zauberhafte Welt der Lautschrift einzutauchen und selbst „Wörterhexerei“ lesend und schreibend nachzuvollziehen. Die an der Rahmenhandlung orientierten Übungsaufgaben ermöglichen einen spielerischen Umgang mit Sprache und insbesondere Worten, Silben und Buchstaben. Eine solche Lern- und Übungsart trägt in hohem Maße zu einer Förderung von Lese- und Schreiblust bei.

Ferner lässt sich sagen, dass der Einbezug einer Ganzschrift allgemein in ein Förderprogramm sehr sinnvoll ist, um bei Schüler*innen Lese- und Schreibhandlungen anzuregen und diese Motivation auch aufrechtzuerhalten. Dies ist eine hilfreiche Erkenntnis für zukünftige Konzeptionen von Förderverfahren zum Training der Lese- und Schreibkompetenzen.

In den Augen der vier teilnehmenden Lehrpersonen hat das Förderprogramm in der Schülerschaft große Resonanz erfahren und die Kinder sehr zu Lese- und Schreibhandlungen motiviert. Zudem leistete es ihrer Ansicht nach sowohl einen Beitrag zu flüssigerem Lesen, zur Fehlerreduktion beim Vorlesen sowie im Rechtschreiben als auch zur Nutzung der Rechtschreibtipps außerhalb des Trainings. Weiterhin gaben die Lehrerinnen an, dass ihre Schüler*innen die Aufgaben im Trainingsheft lieber als andere Arbeitsblätter bearbeiteten.

Wenn Ihr Interesse an dem Förderprogramm geweckt wurde, können Sie sich das gesamte Programm einschließlich aller Kopiervorlagen im Folgenden herunterladen und mit Ihren (zukünftigen) Schüler*innen oder auch eigenen Kindern durchführen.

Link zum Download

Die Materialien des Förderprogramms umfassen das Trainingsheft „Mein Lese- und Rechtschreibtraining mit der Buchstabenhexe Leni“, die Lehrerhandreichung mit allen Informationen für die durchführende Lehrkraft sowie zusätzliche Arbeitsmaterialien. Mit freundlicher Genehmigung der Loewe Verlag GmbH.