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Chair of Special Education IV - Education for People with Developmental and Intellectual Disabilities

Reduktion von freiheitsentziehenden Maßnahmen bei Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung: Grundlagen einer interdisziplinären Allianz (REDUGIA)

Forschungsprojekt REDUGIA

Reduktion von freiheitsentziehenden Maßnahmen bei Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung: Grundlagen einer interdisziplinären Allianz

Die Reduktion von sog. „freiheitsentziehenden Maßnahmen“ (FeM) bei Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung erfordert eine komplexe fachliche Perspektive und einen interdisziplinären Ansatz, der in dem vorliegenden Forschungsprojekt REDUGIA in besonderer Weise verwirklicht ist. Dem Spektrum der Verhaltensdimensionen, die eine FeM durch das Umfeld auslösen, steht ein ebenso breites Spektrum an FeM gegenüber. Davon unabhängig ist die Frage der Verhältnismäßigkeit in der Anwendung von FeM nicht definiert und ist angesichts der individuellen Entwicklungstrajektorien der Kinder und Jugendlichen nicht pauschalisierend zu rechtfertigen oder abzulehnen. Die Thematik nur anhand von Extremfällen medial zu diskutieren wird dem Bedarf einer generellen Klärung vor dem Hintergrund der viel häufigeren niederschwelligeren FeM nicht gerecht. 

Damit erscheint es uns ein besonderes Problem in der Diskussion und Bewertung von FeM bei Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung zu sein, dass eine Unsicherheit und Ungeklärtheit des begrifflichen Umfangs besteht. Diese Unschärfe behindert wesentlich die systematische und objektive Erfassung und Bewertung von FeM sowie die Umsetzbarkeit von Konzepten zur Reduktion von freiheitsbeschränkenden Maßnahmen. 

Das Forschungsprojekt REDUGIA geht der Problematik interdisziplinär und mehrperspektivisch nach. Übergeordnete Ziele sind die Vereinheitlichung des Sprachgebrauchs, die Verbesserung der Transparenz und die Erhöhung der Sicherheit im Umgang mit FeM für die beteiligten Disziplinen. Damit werden konkrete Empfehlungen zur Reduktion von FeM erarbeitet und entsprechende Konzepte einer systematischen Evaluation zugänglich gemacht. 

Konkret gliedert sich das Forschungsprojekt REDUGIA in einen empirischen und einen theoretischen Teil, die von Beginn an miteinander interagieren. 

  • Der empirische Teil geht inhaltlich dem Fall- und Definitionsspektrum freiheitsbeschränkender Maßnahmen nach. Konkrete Ziele der empirischen Arbeit bestehen in der (1) Erlangung einer interdisziplinär validen Definition von Freiheitsbeschränkung, (2) die Erstellung eines interdisziplinär gültigen Erfassungsinstruments von FeM, (3) der Erstellung eines interdisziplinär gültigen Entscheidungsalgorhythmus zur fachlichen Beurteilung von FeM. 
  • Der theoretische Teil von REDUGIA analysiert das bestehende Empfehlungsspektrum auf verschiedenen Ebenen. Konkrete Ziele bestehen (4) in der systematischen Analyse pädagogischer und kinder- und jugendpsychiatrischer Interventionskonzepte sowie Konzepten zur Reduktion von freiheitsbeschränkenden Maßnahmen, sowie (5) in der Ableitung und Definition konkreter Empfehlungen und Rahmenbedingungen für Konzepte zur Reduktion von FeM. 

Zusätzlich zu dieser Fragestellung wird in REDUGIA derzeit eine Grunderhebung via Fragebogen in allen Einrichtungen Bayerns durchgeführt. Damit soll detailliert eine aktuelle Aussage zum Stand aller Fragen rund um FeM vor der Gesetzesänderung zum 01.10.2017 formuliert werden können. Diese Abfrage soll nach ca. 2 Jahren wiederholt werden, um die Veränderungen beschreiben zu können.

(* = peer-reviewed)

  • *Geißler, J., Buchholz, H., Meerson, R., Kammerer, K., Göster, M., Schobel, J., Ratz. C., Taurines, R., Pryss, R.C., Romanos, M. (2022). Smartphone-based behaviour analysis for challenging behaviour in Intellectual and Developmental Disabilities and Autism Spectrum Disorder - Study protocol for the ProVIA trial. Frontiers Neuroscience. DOI: 10.3389/fnins.2022.984618. (Link zum Artikel)
  • *Geissler, J., Werner, E., Dworschak, W., Romanos, M. & Ratz, C. (2021): Freiheitsentziehende Maßnahmen in bayerischen Heimeinrichtungen für Kinder, Jugendliche und junge Volljährige mit Intelligenzminderung. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie (2021), 49, pp. 273-283. Download
  • Geissler, J., Werner, E., Dworschak, W., Romanos, M. & Ratz, C. (2021). German Law Reform Does Not Reduce the Prevalence of Coercive Measures in Residential Institutions for Children, Adolescents, and Young Adults With Intellectual and Developmental Disabilities. Frontiers in Psychiatry, doi: 10.3389/fpsyt.2021.765830

Prof. Dr. M. Romanos
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Prof. Dr. C. Ratz
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S. Volmer-Brinkmann
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E. Zeller
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