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Lern- und Forschungsstelle des Instituts für Sonderpädagogik

Konzept

Die Didaktische Lern- und Forschungsstelle (LFS) ist eine inter- und intradisziplinäre Einrichtung des Instituts für Sonderpädagogik an der JMU Würzburg. Offiziell eröffnet wurde die LFS, unter der vorherigen Bezeichnung als Lehr-Lernwerkstatt (LWS), im Jahr 2009. Diese wurde über ein Jahrzehnt erfolgreich von Dr. Walter Goschler geleitet, der das vorherige Konzept in seiner Forschung und Lehre erarbeitet hat. Die Grundkonzeption der LFS orientiert sich weiterhin an den drei Wirkungsfeldern Lehre und Studium, Forschung und Schulpraxis (Coelen & Müller-Naendrup 2013, 9), um auch für den Diskurs mit anderen Hochschullernwerkstätten anschlussfähig zu bleiben. Zu den drei Säulen trägt die LFS ihren Teil bei. Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über die einzelnen Wirkungsfelder des Konzepts der LFS. Der Begriff Schulpraxis wurde durch den umfassenderen Begriff der Praxisorientierung ersetzt, um außerschulische Handlungsfelder der Sonderpädagogik stärker einbeziehen zu können.

  • Entdeckendes und selbstständiges Lernen durch Möglichkeit der Medienausleihe (ca. 4000 Lehr-Lernmedien) im Kontext von erschwerten Lebens-, Lern- und Bildungsbedingungen, Beeinträchtigungen und Behinderungen
  • Dialektische Auseinandersetzung mit Lehr-Lernmedien mit dem Ziel der reflektieren Gestaltung und Planung von Unterricht
  • Beratung, Begleitung und Unterstützung bei der Planung von Lernvorhaben und Unterricht
  • Kritisch-reflexive Auseinandersetzung mit digitalen Medien und Technologien sowie deren gezielten unterstützenden Einsatz zur Ermöglichung von Mündigkeit
  • Erarbeitung von Konzeptionen und Unterrichtsideen in Seminaren im Freien Bereich in sonderpädagogischen Handlungsfeldern
  • Auseinandersetzung mit drängenden didaktischen Fragestellungen im Kontext aktueller Diskurse (Inklusion, Diversität, Digitalisierung, Heterogenität)
  • Ermöglichung von individuellen und gemeinsamen Lernerfahrungen in heterogenen Gruppen
  • Vielfältige Angebote im Bereich Lehren und Lernen, (digitale) Medien und Unterrichtsgestaltung
  • Anbahnung kritischer Reflexionsfähigkeit durch forschungs- und praxisorientierte Lehre
  • Begleitung, Unterstützung und Initiierung von Forschungsvorhaben in Kooperation mit dem Institut für Sonderpädagogik sowie weiteren Institutionen
  • Kooperation mit außerschulischen und schulischen Institutionen in Lehre und Forschung

Neben lernpsychologischen Theorien spielen in der Diskussion um den Lernbegriff zunehmend Erkenntnisse der Neurowissenschaften eine Rolle. Daneben existieren pädagogische und philosophische Lerntheorien, die den Lernbegriff weiter fassen und für allgemeine Überlegungen zunächst mehr Spielraum lassen. Die Umbenennung resultiert auch aus einer Begriffsreflexion, diskursiven Austausch und der Schlussfolgerung, dass der Begriff der „Werkstatt“ eine Verengung auf offene Unterrichtskonzeptionen, reformpädagogische Konzepte und ein konstruktivistisches Lernverständnis zur Folge hat. Um die Bandbreite didaktischer Fragestellungen angemessen abbilden zu können, erscheint der neue Begriff der „Stelle“ geeigneter. Während der Begriff Forschungsstelle geschmeidig über die Zunge geht, ist der Wortbestandteil „Lernstelle“ weniger eingängig. Lernstelle impliziert ebenfalls einen Raum, in dem Lernprozesse stattfinden und ist gleichzeitig als Platzhalter für unterschiedliche Angebote, Vorhaben und Projekte zu verstehen. Lernstelle verstanden als griechische Agora lädt zum Wandeln, zum sokratischen Dialog und zum forschenden Lehren und Lernen ein. 

Um der Komplexität des Lernbegriffs gerecht zu werden, stützt sich das Lernverständnis der LFS bewusst auf einen weit gefassten pädagogischen Lernbegriff und die vier Lerndimensionen von Göhlich und Zirfas (2007). Wenn sich pädagogische Fragestellungen dem Prozess Vermittlung von Inhalten annähern, ist es notwendig, die Überlegungen auf der methodisch-didaktischen zu konkretisieren. Die Lerndimensionen setzen den diskursiv-reflexiven Rahmen, die didaktische Konkretisierung erfolgt dann kontextspezifisch. Der Lernbegriff muss zudem der Vielfalt und Differenz von sechs sonderpädagogischen Fachrichtungen gerecht, weshalb in einem äußeren Ring verschiedene Entwicklungsbereiche eine sonderpädagogische Perspektive auf Lernen konturieren. Das Wollen steht als Grundlage und Antrieb menschlicher Lernfähigkeit im Mittelpunkt, da das Wollen den anderen vier Lerndimensionen vorgängig erscheint (Wilhelm 2021). Die vertretene subjektorientierte Sichtweise vernachlässigt nicht die Bedeutung der Mitmenschen und der Welt für das Lernen, weshalb die Subjekt-Weltbezüge, also die Verhältnisse des Subjekts zu sich selbst, zu anderen und zur Welt, als weitere Reflexionsfolie berücksichtigt werden (vgl. u. a. Koller 2018).  

Der wissenschaftliche Beirat unterstützt und berät die LFS des Instituts für Sonderpädagogik. Während der Vorlesungszeit tagt der Beirat durchschnittlich zweimal. Der Beirat setzt sich aus je einer Vertretung der Lehrstühle, einer studentischen Vertretung sowie der Leitung der LFS zusammen.

Verwendete Literatur

Coelen, Hendrik & Müller-Naendrup, Barbara (2013): Studieren in Lernwerkstätten. Potentiale und Herausforderungen für die Lehrerbildung: Rücksicht – Einsicht – Aussicht. In: Coelen, H. & Müller-Naendrup, B. (Hrsg.): Studieren in Lernwerkstätten. Potentiale und Herausforderungen für die Lehrerbildung. Wiesbaden: Springer VS, 9-17.

Göhlich, Michael & Zirfas, Jörg (2007): Lernen. Ein pädagogischer Grundbegriff. Stuttgart: Kohlhammer. 

Wilhelm, Holger (2021): Lehr-Lernwerkstatt als essentieller Baustein der Lehrerbildung. In: Spuren 1, 38-43.

Literatur zu Hochschullernwerkstätten

Coelen, Hendrik & Müller-Naendrup, Barbara (Hrsg.) (2013): Studieren in Lernwerkstätten. Potentiale und Herausforderungen für die Lehrerbildung. Wiesbaden: Springer VS.

Goschler, Walter (2018): Inklusive Didaktik in Theorie und Praxis. Lernwerkstattarbeit und mathematische Muster am gemeinsamen Lerngegenstand. Würzburg: University Press.